Aminosäuren

 

Unser Nahrungseiweiß (= Protein) soll uns v. a. Aminosäuren liefern, die unser Körper zu körpereigenem Eiweiß umbaut.

 

Menschliches Eiweiß besteht aus 20 Aminosäuren.

  • Ein Teil davon muss mit der Nahrung aufgenommen werden = 'Essentielle Aminosäuren'.
  • EinTeil der Aminosäuren muss bei bestimmten Stoffwechselstörungen mit der Nahrung zugeführt werden = 'Semi-essentielle Aminosäuren'.
  • 'Nicht-essentielle' Aminosäuren werden im Körper selbst gebildet.

Essentielle Aminosäuren

Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Valin

 

Semi-essentielle Aminosäuren

Arginin, Histidin, Tyrosin, Cystin/Cystein

 

Nicht-essentielle Aminosäuren

Alanin, Asparaginsäure, Glutaminsäure, Glykokoll (Glycin), Serin, Prolin, Hydroxyprolin

  • Histidin und Arginin sind nur im Säuglingsalter essentiell.
  • Tyrosin ist abhängig von der Phenylalaninzufuhr bzw. '-verstoffwechslung'.

Übersicht über Aminosäuren, ihre Amine und ihre jeweilige Bedeutung bzw. ihr Vorkommen:

 

Tyrosin

  • Semi-essentielle Aminosäure
  • Entsteht aus Phenylalanin (Phenylalanin = essentielle Aminosäure)
  • Vorstufe für DOPA, Dopamin, Adrenalin, Thyroxin (= Schilddrüsenhormon 'T4') und Melanine

Amine von Tyrosin:

  • Tyramin: Wirkt auf die 'glatte Muskulatur' der Blutgefäße und der Gebärmutter.
  • Dopamin: Steuert unsere Motorik im 'extrapyramidalen System', leitet Reize weiter im 'mesolimbischen System'.
  • Noradrenalin: Wirkt auf Blutdruck und Herzfrequenz.
  • Adrenalin: Steigert Pulsfrequenz und Herzminutenvolumen.

Tryptophan

  • Essentielle Aminosäure
  • Aus ihr werden synthetisiert: Serotonin, Melatonin, Nicotinsäure

Nicotinsäure ist Vorstufe der 'Pyridinnukleotid-Coenzyme' - und damit z. B. wichtig für die Elektronenaufnahme und -abgabe.

  • Tryptophan wird u. a. verwendet als Antidepressivum und als Schlafmittel

Amine von Tryptophan:

  • Tryptamin: Stimuliert die Kontraktion der 'glatten Muskulatur' der Blutgefäße und der Gebärmutter.
  • Serotonin: Wirkt als Mediator und als Neurotransmitter auf Gefäße in Lunge, Niere, Skelettmuskulatur und auf die 'glatte Muskulatur', beeinflusst Stimmung, Schlaf-Wach-Rhythmus, Schmerzwahrnehmung, Nahrungsaufnahme, Körpertemperatur und vieles mehr.
  • Melatonin: Wird fast ausschließlich in der Epiphyse gebildet - in Abhängigkeit vom Hell-Dunkel-Rhythmus. Melatonin ist an der Steuerung des 'zirkadianen Rhythmus' beteiligt.

Histidin

  • Semi-essentielle Aminosäure; im Säuglingsalter essentiell
  • Vorkommen v. a. im Hämoglobin (= roter Blutfarbstoff) der roten Blutkörperchen (= Erythrozyten)

Amin von Histidin:

  • Histamin: Gewebehormon, Neurotransmitter.
  • Vorkommen v. a. in Mastzellen und in bestimmten Leukozyten*, in Neuronen des hinteren Hypothalamus.

H1-Rezeptoren bewirken v. a. eine Kontraktion der 'glatten Muskulatur' und eine Adrenalinausschüttung; an sensiblen Nervenenden kann es zu Schmerzen und Juckreiz kommen.

 

H2-Rezeptoren stimulieren v. a. die Magensaftproduktion und wirken auf das Herz.

 

H3-Rezeptoren hemmen die Histaminfreisetzung.

 

H4-Rezeptoren wirken auf die Beweglichkeit von z. B. Lymphozyten*.

 

* Gehören zu den 'weißen Blutkörperchen'.

 

Cystein

  • Semi-essentielle Aminosäure

Amin von Cystein:

  • Cysteamin: Gilt als Reaktionszentrum im 'Coenzym A'; Coenzym A ist die Wirkungsform des Vitamins Pantothensäure (Vitamin B5).

Asparaginsäure

  • Nicht-essentielle Aminosäure

Amin der Asparaginsäure:

  • Betaalanin. Ein Coenzym-A-Baustein.

 

Glutaminsäure

  • Nicht-essentielle Aminosäure
  • Wird v. a. synthetisiert in Leber, Niere, Gehirn, Lunge

Glutaminsäure ist die Vorstufe der Biosynthesen von:

  • GABA: Gammaaminobuttersäure; in 30 % der Synapsen des ZNS nachweisbar. Eine Blockade der Biosynthese führt zu Krämpfen.
  • Ornithin: Entsteht aus Arginin (s. u.).
  • Prolin: Entsteht aus Glutaminsäure oder aus - zugeführtem - Ornithin (s. u.).
  • Hydroxyprolin: Eine nicht-essentielle Aminosäure. Kann erhöht sein in Blut und Urin z. B. bei Osteoporose.

Glutaminsäure ist auch wichtig für die Bildung von Folsäure (Vitamin B9). Hier kommt es oft zu Mangelerscheinungen: Durch eine ungenügende Zufuhr, durch Fehlernährung oder einen Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin).

 

Das 'Salz' der Glutaminsäure ist 'Glutamat'. Glutamat ist ein erregender Neurotransmitter und wirkt an mindestens 5 verschiedenen Rezeptortypen.

 

Glutamat ist v. a. beteiligt an der Weiterleitung von Sinneswahrnehmungen, an der 'Feinabstimmung' der Motorik und an sog. 'höheren Gehirnfunktionen' (Lernen, Gedächtnis).

 

Viele der 'Leitungsbahnen' werden über Glutamat 'vermittelt'. 

Es sind sog. 'Projektionsbahnen': Zum Hippocampus, zum Thalamus und zu den 'Basalganglien', d. h. den subkortikalen Kernen des motorischen Systems.

 

Als 'Natriummonoglutamat' wird Glutamat als Geschmacksverstärker in der Lebensmittelindustrie verwendet.

 

Threonin

  • Essentielle Aminosäure
  • Wichtige Aufgaben im Fettstoffwechsel
  • Vorkommen: Cobalamin (Vitamin B12)

Abbauprodukt von Threonin:

  • Propionsäure: Zwischenprodukt aus dem Stoffwechsel von ungeradzahligen Fettsäuren und einigen Aminosäuren (Isoleucin, Valin, Threonin)

-> Der weitere Abbau der Propionsäure erfolgt über 'Methylmalonyl-CoA' (s. u.).

 

'Umbauprodukte' von Threonin:

  • Glycin: Ein 'hemmender' Neurotransmitter für die Kontrolle der Motorik im Rückenmark und im Hirnstamm und Vermittler für einen GABA-ähnlichen Rezeptor bzw. dessen 'Cl-Kanal'.
  • Acetaldehyd: Wenn der Abbau bzw. die Oxidation von Acetaldeyhd blockiert bzw. gehemmt ist, kommt es zum - u. U. lebensgefährlichen - sog. 'Acetaldehydsyndrom' mit Übelkeit, Flush, Kopfschmerz, Schwindel, Blutdruckabfall, erhöhter Herzfrequenz und beschleunigter Atmung.

Amin von Threonin:

  • Propanolamin

Serin

  • Nicht-essentielle Aminosäure

Sie wird v. a. benötigt zur Biosynthese von:

  • Sphingosin: Bestandteil der Sphingolipide. Wichtige Bestandteile der Zellmembran. Vorkommen: In großen Mengen im Gehirn und im Nervengewebe.
  • Colamin: Zwischenprodukt der Biosynthese von Cholin und Kephalinen.
  • Cholin: Bestandteil von Acetylcholin, Lecithin und weiteren Phospholipiden; Cholin ist auch wichtig für die Biosynthese von Sarkosin* aus Glycin*.
  • Kephaline: Kommen besonders häufig vor im 'Myelin'*

* Sarkosin: Zwischenprodukt im Stoffwechsel von Cholin; Vorkommen: In den Mitochondrien

(= 'Kraftwerken') der Leber- und Nierenzellen.

 

* Glycin: 'Hemmender' Neurotransmitter für die Kontrolle der Motorik im Rückenmark und im Hirnstamm.

 

* Myelin = 'Elektrische Isolierung' einer Nervenzelle. Der jeweilige Gehalt an Myelin ist auch bestimmend für die 'Nervenleitgeschwindigkeit'. Myelin bildet die sog. 'Myelinscheide', also die Umhüllung der Axone

(= Nervenzellfortsätze) einer Nervenzelle.

 

Abbauprodukt von Serin: Pyruvat

  • Pyruvate sind Salze der 'Brenztraubensäure'. Diese Salze sind das Endprodukt der 'Glykolyse'

-> Die Glykolyse ist ein Stoffwechselvorgang zur Gewinnung von Energie.

 

'Umbauprodukt' von Serin:

  • Glycin: Ein 'hemmender' Neurotransmitter für die Kontrolle der Motorik im Rückenmark und im Hirnstamm und Vermittler für einen GABA-ähnlichen Rezeptor bzw. dessen 'Cl-Kanal'.

Lysin

  • Essentielle Aminosäure

Amin von Lysin:

  • Cadaverin: Es entsteht z. B. bei der sog. 'Eiweißfäulnis'
  • Gehört zu den sog. 'Leichengiften'

Abbauprodukt von Lysin:

  •  Acetoacetyl-CoA bzw. Acetyl-CoA*

* Acetoacetyl-Coenzym A: Ein Zwischenprodukt, das u. a. beim Abbau von Lysin und Tryptophan entsteht.

 

* Acetyl-Coenzym A: Aktivierte Form der Essigsäure. 'Acetyl-CoA' verbindet in unserem Stoffwechsel den 'Citratzyklus' (= 'Zitronensäurezyklus' für den Endabbau von Acetyl-CoA aus dem Abbau von Kohlenhydraten, Amino- und Fettsäuren und für die Bereitstellung von Zwischenprodukten aus dem Stoffwechsel) mit der 'Glykolyse' und dem 'Fettstoffwechsel'.

 

-> 'Coenzym A' ist die Wirkungsform der Pantothensäure (Vitamin B5).

 

Ornithin

  • Entsteht im Harnstoffzyklus* aus der semi-essentiellen Aminosäure Arginin

* Beim Abbau v. a. von Aminosäuren entsteht 'Ammoniak', ein Zellgift; dieses wird im Harnstoffzyklus sozusagen 'unschädlich' gemacht. Bei einer Störung in diesem Zyklus (z. B. durch einen angeborenen Enzymdefekt) kann es zu neurologischen Symptomen bis hin zur Enzephalopathie (-> siehe Glossar) kommen.

 

Amine von Ornithin:

  • Spermidin: Vorstufe von Spermin; Spermin ist in allen Geweben enthalten, besonders reichlich im Sperma. Es ist wichtig u. a. für die DNA- und RNA-Synthese und die sog. 'Zellproliferation'.
  • Putrescin: Vorkommen bei Eiweißfäulnis und als Vorstufe von Spermin.

Arginin

  • Semi-essentielle Aminosäure; im Säuglingsalter essentiell
  • Zwischenprodukt im Harnstoffzyklus (s. o.)
  • Ausgangsstoff für die Biosynthese von Stickstoffmonoxid

 -> Siehe auch: Stickstoffmonoxid

 

Amin von Arginin:

  • Agmatin: Ein bakterielles Abbauprodukt.
  • Evtl. auch ein Neurotransmitter, der im Gehirn synthetisiert und in den synaptischen Vesikeln gespeichert wird.

 

 

Isoleucin, Leucin und Valin

 

Diese essentiellen Aminosäuren sind sog. 'verzweigtkettige' Aminosäuren.

Bei einem angeborenen Enzymmangel können sie aber nur unvollständig verstoffwechselt werden, und es kommt zur sog.

  • Ahornsirupkrankheit

mit v. a. einer 'defekten' Myelinisierung' - also 'Umhüllung' - der Nervenzellen bzw. der Nervenzellfortsätze.

 

Symptome zeigen sich bereits im Neugeborenenalter:

  • Trinkschwäche
  • Erbrechen
  • Muskelhypotonie (= herabgesetzte Muskelspannung)
  • Opisthotonus (= krampfartige Überstreckung des Rumpfes und der Extremitäten, Zurückbeugen des Kopfes)
  • Atemstörungen
  • Krampfanfälle - evtl. bis zum Koma

 

 

Methylmalonsäure

 

Sie wird über das sog. 'Coenzym A' (Abk.: CoA) aktiviert.

 

Coenzym A ist - wie schon erwähnt - die 'Wirkform' der Pantothensäure (Vitamin B5).

Dieses Vitamin findet sich besonders in Hefe, Eigelb, Vollkorn und Hülsenfrüchten.

 

Bei einem Mangel an diesem Vitamin können sich folgende Symptome zeigen:

  • Abgeschlagenheit
  • Müdigkeit
  • Schwäche
  • Schlafstörungen
  • entzündliche Hautreaktionen
  • Kribbeln, Taubheitsgefühle o. ä. in den Extremitäten; 'Burning-Feet-Syndrom'

Methylmalonsäure ist ein Zwischenprodukt beim Abbau der Aminosäuren Methionin, Isoleucin und Valin und von weiteren ungeradzahligen Fettsäuren.

 

Bei einer Vitamin-B12-Mangelanämie (= 'perniziöse Anämie') ist die Methylmalonsäure im Urin erhöht.

 

 

Aminosäuren werden auch eingeteilt nach ihrem jeweiligen 'katabolischen Endprodukt' in:

  • Glukoplastische Aminosäuren
  • Ketoplastische Aminosäuren
  • Glukoplastische und ketoplastische Aminosäuren

Aus 'glukoplastischen Aminosäuren' entsteht bei der sog. 'Glukoneogenese', also der Neusynthese von Glukose (= 'Traubenzucker') aus Nicht-Kohlenhydraten, Glukose.

Die Synthese erfolgt (zu 90 %) in der Leber und in der Niere. V. a. unser Gehirn braucht ständig 'Zucker'!

 

Aus 'ketoplastischen Aminosäuren' entstehen sog. 'Ketonkörper'.

 

Einteilung

Glukoplastische Aminosäuren

  • Alanin
  • Arginin
  • Asparaginsäure
  • Cystein
  • Glutaminsäure
  • Glycin
  • Histidin
  • Methionin
  • Prolin
  • Serin
  • Threonin
  • Valin
  • Hydroxyprolin

Ketoplastische Aminosäuren

  • Leucin
  • Lysin

Glykoplastische und ketoplastische Aminosäuren

  • Isoleucin
  • Phenylalanin
  • Tryptophan
  • Tyrosin

 

"Eure Lebensmittel sollen Heilmittel und Eure Heilmittel Lebensmittel sein."

Paracelsus

 

 

Quellen und zum Weiterlesen:

Klinisches Wörterbuch 'Pschyrembel', 'Naturheilpraxis heute', Wikipedia, 'Handbuch der Orthomolekularen Medizin'

 

-> Siehe auch 'Essen & Co.: Aminosäuren'

 

 

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