Blogbuch-Gedanken …

 

Frühgeborene

 

Da ich selbst eine Frühgeburt bin, ist dies natürlich ein Thema, das mich besonders interessiert, und insbesondere interessiert es mich, weil auch Oliver Sacks eine Frühgeburt war:

Er wog bei seiner Geburt, wie er in einem Interview erzählt hat, 4 lbs 10 oz = 1824,36 g.

 

[Hier der Link zum Interview: www.abc.net.au/radionational/programs/scienceshow/celebrating-oliver-sacks/6741096]

 

 

Definition Frühgeborenes

 

Als eine Frühgeburt gilt, wer vor Vollendung von 37 Schwangerschaftswochen (SSW) geboren wird. Die Häufigkeit in Deutschland beträgt 7 % (lt. Pschyrembel 2007).

 

[Exkurs: Schwangerschaft …

 

Die durchschnittliche Schwangerschaftsdauer beträg

  • 38 Wochen (266 Tage; 9 ½ Mondmonate) ab dem Zeitpunkt der Befruchtung
  • 40 Wochen (280 Tage; 10 Mondmonate) ab dem ersten Tag der letzten Menstruation

 

Die Schwangerschaft wird aufgeteilt in drei Abschnitte:

  • Erstes Trimenon - Frühschwangerschaft: 1. – 3. Monat (1. – 12. SSW)
  • Zweites Trimenon: 4. – 6. Monat (13. – 26. SSW)
  • Drittes Trimenon – Spätschwangerschaft: 7. Monat bzw. 27. SSW bis zur Geburt

 

Die Entwicklung des Kindes

 

Aus dem Embryoblasten entwickelt sich über das Stadium der 2- und 3-blättrigen Keimscheibe der Embryo*:

  • Bis zum 8. Entwicklungstag bildet sich die 2-blättrige Keimscheibe, die aus den Keimblättern Ektoderm und Entoderm besteht.
  • In der 3. Entwicklungswoche entsteht die 3-blättrige Keimscheibe durch Einstülpung (Invagination) von Ektodermzellen und der Bildung des Mesoderms.

 

* Als Embryo wird die Frucht in der Gebärmutter während der Embyrogenese bezeichnet; Embryogenese ist die Entwicklung des Embryoblasten zum Embryo zwischen dem 16. und 60. Schwangerschaftstag.

 

Aus den drei Keimblättern entwickeln sich verschiedene Organe und Gewebe:

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Ektoderm (äußere Schicht)

 

Nervensystem, Sinnesorgane, Haut

Mesoderm (mittlere Schicht)

Herz, Muskeln, die meisten Binde- und Stützgewebe, Geschlechtsorgane, Skelett, Blutkörperchen, Lymphatische Organe, Unterhaut, Nieren

 

Entoderm  (innere Schicht)

Schilddrüse, Leber, Pankreas, Epithelien der Atmungs- und Verdauungsorgane, ableitende Harnwege

 

 

 

-> Siehe dazu auch: Glossar – Bindegewebe, Drüsen, Hautschichten, Keimblätter, Strukturen für Zellkontakte; Zum Nachdenken - Lymphatisches System etc.

  • „In den ersten acht Wochen nach der Empfängnis werden die lebenswichtigen Organe angelegt. Beispielsweise sind schon in der achten Schwangerschaftswoche durch das EEG Hirnströme registrierbar, und auch das Herz des Embryos schlägt bereits.“ [S. 1299; s.u.]

 

In der Phase der Organogenese (Organbildung) können u. a. (virale) Infektionen, Medikamente oder Röntgenstrahlen schwere Fehlbildungen verursachen.

 

Im zweiten und dritten Trimenon differenzieren sich die Gewebe weiter aus, und das Kind (bzw. der Fetus) wächst.

  • „Die Organe reifen aus und nehmen ihre Funktion auf. Das Ungeborene „übt“ immer mehr für das Leben in der Außenwelt: Es bewegt sich, trinkt Fruchtwasser, lässt Urin, schläft und hat manchmal Schluckauf.“ [S. 1299]

 

Kindsbewegungen sind etwa ab der 20. SSW spürbar.

 

 

Entwicklung der Plazenta

 

Ab der 2. Lebenswoche kann der Embryo nicht mehr über Sekrete aus der Uteruswand ernährt werden. Stattdessen erfolgt die Ernährung etwa ab dem 12. Tag nach der Empfängnis über den Trophoblast* und damit über das mütterliche Blut.

 

* Im Trophoblast entsteht am 11. – 12. Tag nach der Befruchtung - durch Umwandlung der Kapillargefäße des Endometriums (Schleimhaut des Gebärmutterkörpers) - der uteroplazentäre Kreislauf (= Kreislauf zwischen Gebärmutter und Plazenta).

 

Die Plazenta (Mutterkuchen), die sich im weiteren Verlauf durch Zottenwachstum und weitere Differenzierung entwickelt, besteht aus kindlichen und mütterlichen Anteilen. Plazenta und Kind sind über die Nabelschnur miteinander verbunden.

  • „[Die Plazenta] ermöglicht einen Stoffaustausch* zwischen mütterlichem und kindlichem Blut und gewährleistet so die Ernährung und Sauerstoffversorgung des Ungeborenen. Außerdem produziert die Plazenta schwangerschaftserhaltende Hormone.“ [S. 1299]

* Austausch von Stoffwechselprodukten und Gasen zur Ernährung des Fetus; „… es besteht jedoch keine direkte Kommunikation zwischen mütterlichem und kindlichem Kreislauf“; s. u.: Plazentaschranke. [Pschyrembel]

 

 

Schwangerschaftserhaltende Hormone (Plazentahormone)

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1. Proteohormone

 

HCG (Choriongonadotropin)

Aufbau:

„Besteht aus einer unspezifischen α-Untereinheit (identisch mit denjenigen von FSH, LH und TSH) und einer spezifischen β-Untereinheit (Beta-HCG).“ [Pschyrembel]

 

FSH, LH und TSH sind Hormone des Hypophysenvorderlappens (HVL-Hormone).

-> Siehe dazu: Glossar – Hormone des HVL; Zum Nachdenken – Hypopituitarismus etc.

 

Funktion u. a.:

  • Wirkt auf die Schilddrüse (thyreotrope Wirkung).

 

  • Stimuliert die Leydig-Zwischenzellen des fetalen Hodens und reguliert die Testosteronproduktion.

 

  • Aktiviert die fetale Nebennierenrinde (NNR).

 

HPL (Plazentalaktogen)

Funktion:

„Wahrscheinlich Mobilisierung von mütterlicher Glukose, Fettsäuren und Ketonkörpern zur Versorgung des Fetus sowie mammo- und laktotrophe Effekte.“ [Pschyrembel]

 

2. Steroidhormone

Östrogene

Haben vielfältige physiologische Wirkungen, u. a.:

  • Förderung des Wachstums der Brust und Brustdrüse (Mamma)

 

  • Erhöhung von Kontraktilität und Ansprechbarkeit des Myometriums (= Muskelschicht der Gebärmutterwand) auf Oxytocin

 

  • Wirkung auf Hypothalamus und Hypophyse (z. B. Steigerung der LH/FSH-Sekretion (s. o.)

 

  • Weitstellung von Muttermund und Zervikalkanal (Gebärmutterhalskanal)

 

Progesteron

Wird aus Cholesterol (Cholesterin) biosynthetisiert und ist nach Umsetzung zu 17α-Hydroxyprogesteron Vorläufer der Androgene (= männliche Sexualhormone) und der Nebennierenrinden-Hormone (NNR-Hormone).

Wirkt u. a.:

- Antagonistisch zu Östrogenen und Aldosteron.

- Funktionell antagonistisch zu Cortisol.

 

„In der Schwangerschaft verhindert es die Reifung weiterer Follikel und stimuliert die Entwicklung der Milchdrüsen. Mangelhafte Bildung von Progesteron führt zum Abort.“

[Pschyrembel]

 

-> Siehe dazu: Hypothalamus und Area preoptica; Glossar – Myoepithelien und Oxytocin

 

 

[Quelle: Klinisches Wörterbuch Pschyrembel 2007]

 

Siehe auch:

Dopamin & Co. – Ein Anfang, Die Stress-Reaktion, Cortisol

Essen & Co.

Spurenelemente Jod/Iod (Regelkreis, Stoffwechselwirkungen etc.)

Hormone & Co.

Hypothalamus, Hypophyse, Nebenniere

Zum Nachdenken – Hypogonadismus (Insuffizienz der NNR), Prolaktin

Gedankensplitter - Blutchimärismus

 

Nach der Geburt wird die Plazenta als „Nachgeburt“ ausgestoßen.

 

 

Die Plazentaschranke

 

Während der gesamten Schwangerschaft sind das kindliche und das mütterliche Blut durch die Plazentaschranke getrennt. Diese Schranke besteht aus einer dünnen Gewebeschicht in den Plazentazotten und wirkt als „immunologische Barriere“.

  • Sauerstoff, Kohlendioxid, Elektrolyte und Nährstoffe bzw. Stoffwechselprodukte u. a. können ungehindert ausgetauscht werden;
  • viele große Moleküle und Blutkörperchen z. B. werden zurückgehalten.

 

WICHTIG:

  • „Zahlreiche Medikamente und manche Mikroorganismen (v. a. Viren) können ebenfalls die Plazentaschranke überwinden und zu kindlichen Schäden führen.“ [S. 1299]

 

[Quelle Exkurs: Elvira Bierbach (Hrsg.) – „Naturheilpraxis heute“; Urban & Fischer 2000; S. 1298ff. und Klinisches Wörterbuch Pschyrembel 2007]

 

Exkurs ENDE]

 

 

Zurück zum Thema Frühgeborene …

 

Die Einteilung Frühgeborener erfolgt lt. Psychrembel nach dem Geburtsgewicht in eutroph und hypothroph:

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Eutrophe Frühgeborene

Intrauterine Normalentwicklung:

  • Die Entwicklung innerhalb der Gebärmutter verlief normal.

 

Hypotrophe Frühgeborene  

Intrauterine Wachstumsreduzierung:

  • Das Wachstum ist beeinträchtigt.

 

 

 

Hypotrophe Frühgeborene (sog. Frühmangelgeborene, ‚small for gestional age‘) gelten als Risikoneugeborene.

  • Sie sind akut besonders durch Hypoglykämie („Unterzuckerung“) gefährdet.

 

Mögliche Ursachen für eine Frühgeburt können sein:

  • Endokrine Störungen
  • Anämie („Blutarmut“)
  • Infektionen
  • Gestose (Präeklampsie)
  • Körperliche und psychische Überforderung der Schwangeren
  • Mehrlingsschwangerschaft
  • Lageanomalien des Kindes

 

-> Siehe dazu auch: Spurenelemente – Eisen; Hormone & Co.; Glossar – Drüsen, Leukozyten; Zum Nachdenken – Hypoglykämie etc.

Bei Wikipedia:

https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%BChgeburt (Frühgeburt) etc.

 

 

Und zum Nachdenken …

Elvis war ein überlebender Zwilling, Falco ein überlebender Drilling.

 

Bitte lesen bei Wikipedia:  

  • „Sein Zwillingsbruder Jesse (Jessie) Garon kam tot zur Welt.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Elvis_Presley

  • „Johann Hölzel kam 1957 als einziger Überlebender von Drillingen zur Welt.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Falco

 

-> Siehe dazu auch: Gedankensplitter - Blutchimärismus

 

[[Angaben zu meinem Geburtszeitpunkt und -gewicht habe ich leider nicht mehr. Ich war jedenfalls ein sog. „Sieben-Monats-Kind“, wurde zu Hause geboren, und die Geburt hat – aufgrund meiner Steißlage – sehr lange gedauert. Im Krankenwagen wurde ich anschließend in die Klinik transportiert, wodurch vielleicht Gehirnblutungen und damit frühkindliche Hirnschäden entstanden sein könnten?]]

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Ein häufiger Geburtsschaden bei einer Frühgeburt ist der Tentoriumriss:

 

Einriss des Kleinhirnzelts (Tentorium cerebelli) oder der Kleinhirnsichel (Falx cerebelli) durch Verschiebung der Schädelknochen während der Geburt.

 

-> Siehe dazu: Essen & Co. – Liquor

 

 

-> Siehe dazu auch: Blogbuch-Glossar - Zerebrale Herniation

 

 

Bei den frühkindlichen Hirnschäden werden im Pschyrembel aufgeführt:

ADHS

Verhaltensstörungen

Frühkindliches, exogenes Psychosyndrom

Psychomotorische Retardierung

Intelligenzstörung

Und evtl.:

Infantile Zerebralparese

Epilepsie

 

-> Siehe dazu: Diskussionsseite – Migrälepsie; Wahrnehmung; Lernprobleme; Fragen, Fragen, Fragen – Epilepsie, Hirnlokales Syndrom; Zum Nachdenken – Agnosie, Simultanagnosie etc.

 

 

Stillen, Muttermilch und IgA

 

[[Gestillt wurde ich nicht. Ob und ggf. wie lange ich evtl. abgepumpte Muttermilch bekommen habe, weiß ich allerdings nicht …]]

 

Muttermilch enthält u. a. spezifische Immunglobuline, v. a. IgA (Immunglobuline der Klasse A). Säuglinge werden also zunächst über die Muttermilch mit IgA versorgt. Ihre eigene Synthese beginnt nach der Geburt und ist erst mit 16 Jahren voll ausgereift.

Fehlt IgA im Serum und in Körpersekreten, so besteht eine Neigung zu Atemwegs- und Magen-Darm-Erkrankungen, Atopie und Autoimmunerkrankungen.

 

Für die Bildung von Muttermilch ist Oxytocin wichtig.

 

Siehe dazu:

Glossar - Myoepithelien und Oxytocin

Zum Nachdenken – Blutgruppen und Kohlenhydrate

Blogbuch-Glossar – Atopie, IgA, Muttermilch, Oxytocin

 

 

 

Und zum Nachdenken ...

Was Oliver Sacks und ich noch gemeinsam haben?

Er hatte auch Migräne-Anfälle und Prosopagnosie, später auch Tinnitus.

Einen Verkehrsunfall schildert er in seinem Buch „On the Move“.

 

 

Siehe dazu auch:

Diskussionsseite – Migrälepsie (Meine Migräne)

Sehen und Lernen – Meine Prosopagnosie

Zum Nachdenken – Hypoglykämie, Hypopituitarismus, PDA, Schockerlebnisse

 

Und ein P. S. …

Natürlich hätte ich noch sehr viel mehr an persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen beizusteuern zu diesem Thema, möchte es aber bei diesen wenigen persönlichen Anmerkungen belassen.

 

 

April 2017

 

 

 

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